Mit Polit-Thriller zum Goldjungen?

Wer ist Leonie Benesch? Das musst du über die Oscar-Anwärterin wissen

Aktualisiert:

von Anne Oppel

Leonie Benesch feiert mit ihrem Film "September 5" aktuell große Erfolge.

Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder


Die deutsche Schauspielerin ist kurz davor, Hollywood zu erobern. Ihr neuer Film "September 5" über das Olympia-Attentat in München gilt als aussichtsreicher Oscar-Kandidat. Aber wer ist Leonie Benesch und woher kennt man sie?

Ganz klein direkt ganz groß durchgestartet

In einem Interview sagte Leonie Benesch mal, dass sie mit dem Begriff "Heimat" keine konkrete Stadt verbinden könne - nur mit "Zuhause". Denn das sei jeweils der Ort, an dem sie gerade lebe. Neben Hamburg, wo sie am 22. April 1991 geboren wurde, hat sie auch schon in Tübingen, Bielefeld, Berlin und London gewohnt.

Schon im Alter von 13 Jahren wusste sie, dass sie mal Schauspielerin werden wollte. In einem "Zeit"-Interview erzählte sie, wie sie früher DVDs im Drogeriemarkt geklaut und auf dem Laptop ihres Vaters angeschaut habe. Vor allem nach Johnny Depps "Der Fluch der Karibik"-Saga dachte sie sich: "Was für ein absurd guter Job - sich verkleiden, fechten lernen, Stunts machen, ins viel zu blaue Wasser springen. Das sah nach Abenteuer aus." Das wollte sie auch.

Neben ihrer Begeisterung für Filme hat sicher auch ein außergewöhnliches Hobby ihren Berufswunsch beeinflusst: Sie hat schon früh bei einem Kinderzirkus mitgemacht, mit dem sie auch einmal im Jahr auf Tournee ging. Bereits während der Schulzeit - sie besuchte mehrere Waldorfschulen - ergatterte sie dann eine bedeutende Filmrolle: in Michael Hanekes vielfach ausgezeichnetem Werk "Das weiße Band - Eine deutsche Kindergeschichte". Mit 17 Jahren spielte sie darin das Kindermädchen Eva, das in einem von Strenge und Unterdrückung geprägten Dorf aufwächst. Das harte Schwarz-Weiß-Drama wurde in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet und später für den Oscar (Bester fremdsprachiger Film) nominiert. Kritiker:innen nannten Leonie Benesch damals "eine Entdeckung".

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Als deutsche Schauspielerin nach London

2011 spielte sie die Enkelin von Senta Berger und Bruno Ganz im Drama "Satte Farben vor Schwarz", das den Herbst des Lebens und einer Ehe thematisiert. Zudem stand sie für "SOKO Köln" oder den "Tatort: Freunde bis in den Tod" (2013) vor der Kamera.

Nach dem Abitur in Bielefeld zog sie 2011 nach Berlin und bewarb sich an der Schauspielhochschule Ernst Busch - wurde allerdings abgelehnt. In der Hauptstadt nahm sie Unterricht bei einem privaten Schauspiellehrer, der aus England stammte und die britischen Schulen in höchsten Tönen lobte. Inspiriert von ihm bewarb sie sich erfolgreich an der renommierten Guildhall School of Music and Drama in London. Dort wollte sie nicht nur das Handwerk erlernen, sondern auch die Sprache, um problemlos in England arbeiten zu können. Das akzentfreie Ergebnis stellte sie dann in den Auslands-Produktionen "The Crown" und "In 80 Tagen um die Welt" unter Beweis.

Sie passt in keine Schablone

Ab 2017 war sie als Greta Overbeck in den ersten drei Staffeln der historischen Drama-Serie "Babylon Berlin" zu sehen. Mit einem Budget von knapp 40 Millionen Euro für die ersten 16 Folgen zählt das Format zu den teuersten deutschen Fernsehproduktionen. Für ihre Darstellung erhielt sie 2018 den Deutschen Schauspielpreis.

Im Gegensatz zu vielen Branchenkolleg:innen bewirbt sie ihre Projekte übrigens nie auf ihren Social-Media-Kanälen. Zum einen würde sie sich vertraglich dazu nicht zwingen lassen ("Was ist, wenn mir der Film am Ende gar nicht gefällt?") und außerdem besitzt sie nicht mal einen Instagram-Account. So konnte die 33-Jährige ihre Privatsphäre bislang gut schützen. Ob sie etwa in einer Beziehung ist? Das ist nicht offiziell bekannt.

Den bisher größten Meilenstein ihrer Karriere erreichte sie mit ihrer Hauptrolle in dem gefeierten Drama "Das Lehrerzimmer". Der Film erzählt die Geschichte der jungen idealistischen Lehrerin Carla Nowak, die versucht, einen Diebstahl an ihrer Schule aufzuklären. Dabei gerät sie in eine moralische Zwickmühle. Leonie Benesch brillierte in dieser Rolle und verkörperte die Zerrissenheit ihrer Figur mit einer unglaublichen Intensität.

Als sie 2023 dafür von Laudator Christian Berkel die Goldene Lola für die beste weibliche Hauptrolle überreicht bekam, moderierte er sie mit folgenden Worten an: "Sie ist auf dem besten Weg, eine der großen Schauspielerinnen dieses Landes zu werden." Leonie Benesch selbst war total überrumpelt, als sie die Trophäe entgegennahm - und machte ihrem Erstaunen erstmal mit einem "Fuck!" ins Mikro Luft.

Die Frau für die Zeitgeist-Filme

Christian Berkel sollte recht behalten: Im Januar dieses Jahres kam Leonie Benesch mit einem Film ins Kino, der sogar für das beste Drehbuch bei den Oscars 2025 nominiert wurde. Das Drama "September 5" dreht sich um das Olympia-Attentat 1972 in München - aber aus einem sehr besonderen Blickwinkel.

Als es bei den Olympischen Spielen zu einem Terroranschlag kommt und mehrere israelische Teilnehmer als Geiseln genommen werden, muss eine US-amerikanische Fernsehcrew völlig unvorbereitet von Sport- auf Nachrichtenberichterstattung umschalten. Leonie Benesch schlüpft in die Rolle von Marianne Gebhardt, einer deutschen Dolmetscherin, die die Nachrichten aus dem deutschen Radio für das amerikanische Team übersetzt.

Nie zuvor wurde dieses furchtbare historische Ereignis aus deutscher Perspektive fürs Kino aufgearbeitet. Noch dazu rückt der Film die Verantwortung der Medien in den Fokus. Im Interview mit dem Magazin "Vogue" äußerte Leonie Benesch dazu: "Der Film beschreibt sozusagen die Geburt von Infotainment und ich glaube, dieses hat viel zu verantworten in unserer fortschreitenden Abstumpfung, was Gewalt und Konflikte sehen anbetrifft." Und weiter: "Unser Film ist ein Film über Medienberichterstattung und die Frage: Wie berichtet man über Breaking News?"

Statt seichter Unterhaltung setzt sie auf Filme mit Botschaft

Leonie Benesch hat ein Händchen dafür, in Projekten mitzuwirken, die aktuelle gesellschaftliche und soziale Probleme beleuchten. Schon "Das Lehrerzimmer" warf große Fragen über die Gerechtigkeit, Vorurteile und moralische Grauzonen auf.

Auch ihr nächster Film "Heldin" (Kinostart 27.2.) richtet das Augenmerk auf ein Kernthema der Gesellschaft, dem viel zu wenig Aufmerksamkeit zukommt: der Pflegekrise. Die rot-blonde Schauspielerin schlüpfte dafür in die Rolle einer jungen Pflegefachkraft, deren Schicht im Krankenhaus langsam außer Kontrolle gerät. Das Drama zeigt eindrücklich die Schwachstellen des Pflegesystems auf.

Egal, welche Stadt Leonie Benesch in den kommende Jahren ihr Zuhause nennen wird – sie sollte in ihrer Wohnung auf jeden Fall ein breites Regal freiräumen: Für die zalhreichen Preise und Trophäen, die sie mit Sicherheit in naher Zukunft einheimsen wird!


Das musst du über die Oscar-Anwärterin Leonie Benesch wissen