Das Gesicht einer Ära

Winfried Glatzeder wird 80: Ein Rückblick auf sein bewegtes Leben zwischen Ost und West sowie alle TV-Termine zum Jubiläum

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von js
Winfried Glatzeder

Winfried Glatzeder wird 80.

Bild: Imago Images / APress


Winfried Glatzeder, einer der markantesten Schauspieler dieses Landes, feiert am 26. April seinen 80. Geburtstag. Mit seiner Rolle in "Die Legende von Paul und Paula" wurde er berühmt und auch nach seiner Übersiedlung in den Westen setzte er seine Karriere fort. Zu seinem runden Jubiläum kannst du den DEFA-Klassiker auf Joyn streamen – zudem bieten mehrere Sender ein besonderes Programm.

Auf einen Blick

  • Name: Winfried Glatzeder

  • Geboren: 26. April 1945

  • Geburtsort: Sopot, Polen

  • Wohnort: Berlin-Niederschönhausen

  • Größe: 1,92 Meter

  • Familienstand: verheiratet mit Marion Glatzeder

  • Kinder: drei Söhne

Winfried Glatzeder: Nachkriegs-Kindheit zwischen zwei Müttern

Geboren 1945 in Sopot (heutiges Polen) bei Danzig, kam Winfried Glatzeder nach Kriegsende mit seinen Großeltern nach Berlin. Dort wuchs er in privilegierten Verhältnissen in einer Fabrikantenvilla auf, solange sein Großvater als Bürgermeister von Lichtenberg tätig war. Danach folgte der Umzug in eine Zweizimmerwohnung.

Da seine Mutter nach der Geburt an Wochenbettdepression und Tuberkulose erkrankte, wurde sie in wechselnden Sanatorien behandelt und lebte erst wieder bei der Familie, als der Junge bereits zur Schule ging. Sein Vater verstarb in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, sodass er ihn nie kennenlernen konnte.

Dass Glatzeder Schauspieler wurde, verdankt er auch seiner Großmutter, die – wie seine Mutter – Ellen hieß. Deren Freundin Anneliese Reppel, die in Märchenfilmen mit ihrer tiefen Stimme die Hexen synchronisierte, erzählte ihm, wie man mit solchen Talenten wie herzhaftem Rülpsen zu Ruhm und Geld kommen könne.


Mit der Axt gegen die Verhältnisse - Filme, die den Nerv der Zeit trafen

Frühe Bühnenerfahrungen sammelte Winfried Glatzeder in der Arbeitsgemeinschaft Theater des Hauses der Pioniere, bevor er eine Ausbildung zum Maschinenschlosser machte. 1964 wurde er an der Filmhochschule Babelsberg angenommen – nicht zuletzt wegen seiner gebrochenen Boxernase und seiner schlaksigen Erscheinung. Dort prägten ihn Dozenten wie Fritz Marquardt.

Schon während seiner Studienzeit hat Glatzeder Auftritte an Theatern. Seine erste Fernsehrolle als Schauspielstudent Belmondo 1969 in Ulrich Theins "Unbekannte Bürger" brachte ihm den Spitznamen "Belmondo des Ostens" ein. Mit "Zeit der Störche" (1971) unter der Regie von Siegfried Kühn etablierte er sich als neuer Schauspiel-Typ, der in keine Norm passte. In einer der erfolgreichsten DEFA-Komödien, "Der Mann, der nach der Oma kam" von 1973, verkörpert er ein zeitgenössisch modernes Männerbild.

Als Paul, ein zunächst angepasster Funktionär, wurde er im anspielungsreichen Liebesdrama "Die Legende von Paul und Paula" zum DDR-Kultstar. Die Filmszene, in der Paul eine Axt nimmt, um die Tür zu Paulas (Angelica Domröse) Wohnung einzuschlagen und sie zurückzuerobern, gilt als symbolisch für die Entscheidung zum persönlichen Glück.


Winfried Glatzeder: "Ich will 104 werden"

Zu seinem runden Geburtstag hält sich Winfried Glatzeder, der seit 1970 mit seiner Frau Marion verheiratet ist, mit großen Feierlichkeiten zurück und wolle "niemanden sehen", wie er in der MDR-Talkshow "Riverboat" berichtete. Der "größte Horror" wäre für ihn eine klischeehafte Kreuzfahrt oder als Geschenk ein Verkehrsschild mit dem neuen Lebensalter.

Der Charakterdarsteller, der auch nach seinem freiwilligen Weggang in den Westen 1982 in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen und zuletzt im Kinohit "Kundschafter des Friedens 2" zu sehen war, denkt nicht ans Aufhören: "Ich will ja 104 werden, weil ich bei der Bank – ich will nicht sagen, welche Bank in Zürich – eine Rentenversicherung abgeschlossen habe. Und die habe ich erst mit 104 wieder raus." Schon als Till Eulenspiegel in der gleichnamigen DEFA-Satire von Rainer Simon 1975 hielt er der Gesellschaft einen Spiegel vor und hat sich seinen trockenen, schwarzen Humor auch jenseits der Leinwand erhalten.